PETER
VOITHOFER

Unternehmerisch gut durch die Zeitenwende navigieren

123RF

Verantwortung für den eigenen Betrieb zu übernehmen, bedeutet mitunter, mit großer Bereitschaft, agiles Selbstmanagement zu betreiben.

„Zeitenwende” wurde von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) zum Wort des Jahres 2022 proklamiert. Die Corona-Pandemie mit ihren Konsequenzen wie weltumspannende Lieferschwierigkeiten, Rohstoffengpässe und steigende Staatsschulden infolge der massiven Wirtschaftsförderungen wäre schon fordernd genug gewesen. Doch der Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat den Lauf der Weltgeschichte definitiv und unumkehrbar geändert.

Europa ist hart in der neuen Ära gelandet. Denn die Zuspitzung des Ost-West-Konflikts zeitigt nachhaltige Auswirkungen vor allem auf die europäische Wirtschaft. Dazu gehören der enorme allgemeine Preisauftrieb, das Ende der Preisstabilität, unberechenbare Energiepreisschwankungen und Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Energie, um nur einige aufzuzählen – mit unausweichlichem Niederschlag auf das Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten, die angesichts dessen von vielfältigen – mitunter existenziellen - Ängsten geplagt sind.

Ist und Soll divergiert

Besagte Zeitenwende mag ein Schock gewesen sein. Sie bedeutet jedoch keinesfalls das apokalyptische Ende unseres Wirtschaftssystems. Vielmehr ist sie ein Weckruf für Unternehmerinnen und Unternehmer. Denn ein geschärfter Blick auf Ist und Soll fördert einige Inkongruenzen zutage. So stehen österreichische Unternehmen im Ruf, ausgezeichnete Produkt- und Dienstleistungsqualität anzubieten, flexibel auf Veränderungen reagieren zu können und in besonderem Ausmaß innovativ zu sein. Als unerlässliche Unternehmer-Eigenschaften gelten hier zu Lande weiters Durchsetzungsvermögen, Geschäftstüchtigkeit sowie emotionale Intelligenz.

Teil des Problems sein …

Ohne heimischen Betrieben oder Managerinnen und Managern die oben genannten Charakteristika absprechen zu wollen, zeigt sich doch in der Realität manchmal ein großes Beharrungsvermögen – frei nach dem Motto: „Lieber das bekannte Unglück als das unbekannte Glück”. Ungewohntes und Neues bereiten dem Menschen häufig Angst und Unwohlsein. Das ist neurobiologisch völlig normal: Routinen helfen dem Gehirn, Energie zu sparen und geben vor allem Sicherheit. Neues zu Denken ist aufwendig, Routinen sind daher hirnphysiologisch gesehen ökonomisch.

Andererseits erfordert der neue Alltag inmitten der Zeitenwende ein neues „Mindset”. Es braucht Mut für neue Dinge, für – auch radikale – Entscheidungen. Der Knackpunkt für unternehmerischen Erfolg in aktuellen Zeiten ist also die Unternehmerpersönlichkeit selbst. Bleibt er oder sie ein Dinosaurier, spiegelt sich dies im Unternehmen.

… versus Teil der Lösung

Der Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut und Philosoph Paul Watzlawick hat in seinem Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ die Wirkmechanismen der Strategie „mehr desselben” genau beschrieben: Festhalten an Wegen und Lösungen, die irgendwann einmal gut funktioniert haben – eines der erfolgreichsten und wirkungsvollsten Katastrophen-Rezepte. Verbissen die bisherigen Anstrengungen zu erhöhen, noch mehr Zeit im Büro zu verbringen, mehr Druck im Vertrieb und auf die Mitarbeiter ausüben, unzählige Angebote zu schreiben, Beratungsgespräche abzuhalten, vermittelt das Gefühl, proaktiv zu handeln. Führt es aber wirklich zum Ziel?

Dem Kompass eine neue Ausrichtung geben

Wer sein Unternehmen auch in diesen unsicheren Zeiten gut manövrieren will, muss seinen Kompass immer wieder neu justieren und den Kurs anpassen. Sie oder er muss Eigenschaften entwickeln, die die Zeitenwende nicht nur in Übereinstimmung mit der politischen und wirtschaftlichen Großwetterlage bringen, sondern vor allem mit dem gelebten beruflichen Alltag unter neuen Vorzeichen. Geeigneter als die viel zitierte nötige Flexibilität scheint hier der Begriff der „agilen Unternehmensführung” zu sein. Agilität im Unternehmenskontext wurde in der Vergangenheit als gehyptes Schlagwort ein wenig überstrapaziert. Echte Agilität heute bedeutet, dass Menschen mit Führungsverantwortung mit großer Bereitschaft selbst agil werden und sind.

Agiles Selbstmanagement

Unternehmer können auf zahlreichen Ebenen ansetzen: Beispielsweise den Tagesablauf und die Zeiteinteilung, sowohl privat als auch beruflich, ändern. Eine Weiterbildung in Angriff nehmen. Herausfordernde Aufgaben bewusst aufnehmen, etwa Neukundenakquise; das teilweise Mitarbeiten bei Aufträgen, bei der unmittelbaren Fertigung der Güter; sich wieder beim Kunden draußen oder in der Werkstatt blicken lassen. Das bringt einen realistischen Blick auf Prozesse und Schwierigkeiten.

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